Christine Leja ist Gründerin von bconnected – einem Interior-Design- und Projektentwicklungsstudio sowie einer Immobilienagentur auf Mallorca. Seit über zwanzig Jahren entwirft sie international anerkannte Designs, in denen Farben, Texturen und Licht eine zentrale Rolle spielen.
Ihre Projekte spiegeln den Lebensstil ihrer Kunden wider und verbinden handwerkliche Qualität mit emotionaler Wirkung. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht für Leja die Atmosphäre – das Gefühl, das ein Raum vermittelt.

Für ihr jüngstes Wohnensemble ‘Sat Chit Ananda’ wurde Christine Leja Ende 2024 mit dem GADA Award ausgezeichnet – eine Anerkennung, die ihren ganzheitlichen Gestaltungsansatz bestätigt.
INTERVIEW
interiormagazin.com: Frau Leja, was zeichnet das Design Ihres Immobilienunternehmens und Designstudios bconnected aus? Ende 2024 haben Sie für Ihr Projekt ‘Sat Chit Ananda’ den Interieur-Design-Preis – First Award Interior (Residential) (Build) – bei den internationalen GADA Awards erhalten. Was bedeutet diese Anerkennung für Sie und Ihr Team?
Christine Leja: Das Design von bconnected zeichnet vor allem Mut aus, Grenzen zu überschreiten, kombiniert mit einer Sensibilität für individuelle Bedürfnisse unserer Kunden. Wir lassen uns nicht von Trends beeinflussen. Unser Stil ist geprägt von einer lebendigen Farbwelt, einer unkonventionellen Mischung von Materialien und einer Fähigkeit, Räume zu schaffen, die Geschichten erzählen.

Die Auszeichnung bei den internationalen GADA Awards für unser Projekt ‚Sat Chit Ananda‘ ist für mich und mein Team eine unglaublich bedeutsame Anerkennung. Mein erster Gedanke war: „Mut wird doch belohnt und gesehen!“. Es bestätigt unseren Ansatz, stets innovativ zu sein, und zeigt die Wertschätzung unserer Arbeit sowohl lokal, als auch auf internationaler Ebene. Dieser Preis ist eine Motivation, weiterhin frei von Standards zu kreieren und außergewöhnliche, maßgeschneiderte Designs zu erschaffen. Gleichzeitig ist er ein Beweis für die Leidenschaft und das Talent meines Teams, ohne welches dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre.
interiormagazin.com: Der Begriff Sat Chit Ananda stammt aus dem Sanskrit. Übersetzen Sie uns den Begriff und erzählen Sie uns, was Ihr Projekt mit dem Mantra Sat Chit Ananda verbindet?
Christine Leja: Sat Chit Ananda interpretiere ich mit ‘Wahrhaftigkeit, Glückseligkeit und Freude’. Es beschreibt den Zustand des inneren Friedens und der absoluten Harmonie. Unser Projekt trägt diesen Namen, weil es nicht nur ein Zuhause ist, sondern ein Ort mit einem ganz persönlichen Ausdruck der DNA seiner Bewohner. Jedes Designelement, von der Materialauswahl über die Farbgestaltung bis hin zur Raumaufteilung, schafft ein inspirierendes und gleichzeitig harmonisches Umfeld. ‘Sat Chit Ananda’ ist für uns ein Sinnbild dafür, wie Design weit über das Ästhetische hinausgeht und eine tiefere, emotionale Wirkung entfaltet. Es verbindet Spiritualität und Funktionalität in einer Weise, die uns sehr am Herzen liegt.

interiormagazin.com: Farben sind einer der zentralen Aspekte von ‘Sat Chit Ananda’. Der spanische Künstler Julio Rondo, der für seine Arbeit mit mehreren Farbschichten bekannt ist, hat speziell für das Wohnensemble Kunstwerke geschaffen, die das Interieur farblich ergänzen. Wie ist die Farbpalette für dieses Projekt entstanden?
Christine Leja: Farben sind ein essenzieller Bestandteil von ‘Sat Chit Ananda’ und generell unser Markenzeichen. Farben spielen eine zentrale Rolle dabei, Emotionen zu wecken. Sie definieren die Atmosphäre eines Raumes. Für dieses Projekt haben wir eine Farbpalette kreiert, die die Grundlage aller folgenden Entscheidungen war. Mit Farben zu arbeiten klingt auf den ersten Blick einfach. Ich bin jedoch der Auffassung, dass sich genau hier das Können eines Designers zeigt. Kombinationen zu erstellen, die vielfältig und dennoch harmonisch sind, ist ein großes Talent. Nicht umsonst ist das vorherrschende Interior Design – wie ich es so gerne nenne – „The 50 Shades of beige“.
Die Zusammenarbeit mit Julio Rondo war eine wunderbare Ergänzung, um diese Vision zu vervollständigen. Seine kraftvollen, lebendigen Kunstwerke sind Protagonisten, die das gesamte Design perfekt ergänzen. Man spürt, dass seine Bilder speziell für dieses Projekt geschaffen wurden.
So wird jeder Raum zu einem Erlebnis. Genau das wollen wir mit diesem und auch jedem anderen Projekt auf seine eigene Weise erreichen.

interiormagazin.com: Das Haus steht in Establiments auf Mallorca, einer Ortschaft ganz in der Nähe von Palma. Wie wichtig ist für Sie die Verbindung Ihrer Interior Designs zu den Orten, an denen sie entstehen? Wie schaffen Sie die Symbiose zwischen der Umgebung und Ihrem Design?
Christine Leja: Die großen Fenster und offenen Räume sind so gestaltet, dass sie die Natur buchstäblich in den Innenraum holen – sei es durch den Blick auf die umliegenden Hügel oder die Lichtspiele, die zu verschiedenen Tageszeiten die Räume durchfluten.
Es ist immer eine Symbiose zwischen Design und Umgebung. Wir achten stets auf eine respektvolle Auseinandersetzung mit dem Ort. Wir hören genau hin, was er uns ‘erzählt’, und lassen diese Eindrücke in unsere Arbeit einfließen.
Für uns ist es entscheidend, dass die Bewohner von ‘Sat Chit Ananda’ nicht das Gefühl von einem isolierten Designobjekt bekommen, sondern in einem Zuhause leben, das mit seiner Umgebung perfekt harmoniert.

interiormagazin.com: Für die Inneneinrichtung haben Sie sich für Marken wie Gervasoni, Kartell, Vitra, für spielerische Objekte von Pols Potten, aber auch für Sammlerstücke und Designklassiker wie den Swan Chair von Arne Jacobsen (1972) oder die pinken Stühle von BBPR für Arflex (1953) entschieden. Erzählen Sie uns, wonach Sie bei der Ausstattung des Hauses gesucht haben und vor allem, wie Sie aus diesen Objekten ein Ensemble geschaffen haben?
Christine Leja: Es geht darum, Marken oder Stile in einen Dialog zu bringen. Farben, Texturen und Formen wurden so ausgewählt, dass sie sich gegenseitig ergänzen oder gar hervorheben. Das Ergebnis ist ein Zuhause, das nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch Persönlichkeit ausstrahlt. Nichts entspricht den Standards oder den üblichen Stilkombinationen. Subtile Nuancen, die durch das Zusammenbringen von Designklassikern, zeitgenössischen Möbeln und spielerischen Details entstehen, unterstützen das individuelle und freidenkende Konzept.
interiormagazin.com: Welche Rolle spielt die Beleuchtung im Haupthaus? Was war Ihnen bei der Lichtgestaltung am wichtigsten, und welche Lichtlösungen haben Sie dafür gefunden?
Christine Leja: Ein besonderer Fokus lag darauf, das natürliche Licht optimal zu nutzen. Die großen Fensterflächen lassen tagsüber viel Tageslicht herein, wodurch die Räume lebendig und einladend wirken. Abends übernehmen gezielt platzierte Lichtquellen diese Aufgabe, um eine warme und behagliche Atmosphäre zu schaffen.
Die Beleuchtung sollte nicht nur praktisch sein, sondern das Interieur und den Charakter des Hauses hervorheben und den Bewohnern ein Gefühl von Ruhe und Geborgenheit vermitteln.

interiormagazin.com: Neben den Farben sticht das Projekt auch durch den Umgang mit verschiedenen Materialien hervor. Die Teppiche wurden nach Ihren Vorgaben von einer Werkstatt in Madrid geknüpft. Die Liegestühle am Pool wurden von der Outdoor-Möbelmarke Lobster’s Day mit den von Ihnen ausgesuchten Stoffen neu bezogen. Wie fügen sich all diese Materialien und Texturen in das Gesamtkonzept ein?
Christine Leja: Das Zusammenspiel von Materialien und Texturen ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Designs. Materialien erzählen Geschichten, wecken Emotionen und schaffen eine taktile Verbindung zwischen dem Raum und seinen Bewohnern. Unser Ziel ist es immer, eine Balance zwischen Ästhetik, Funktionalität und Handwerkskunst zu erreichen.
Die Teppiche von ‘Sat Chit Ananada’ sind ein gutes Beispiel dafür. Jeder Teppich wurde von uns im Hinblick auf unsere Farbpalette individuell gestaltet, um perfekt mit den jeweiligen Räumen zu harmonieren. Eine Werkstatt in Madrid hat sie gefertigt. Diese Teppiche verbinden traditionelle Handwerkskunst mit zeitgenössischem Design und bringen Wärme und Tiefe in die Innenräume. Was für ein Privileg, zum einen groß denken zu können, aber es auch mit entsprechenden Handwerkern umsetzen zu können.
Gleiches gilt auch für die tollen Lounge Chairs am Pool. Sie wurden von der innovativen Firma Lobster’s Day entworfen und mit den von uns ausgewählten Stoffen kombiniert. Bei den Lounge Chairs war es uns wichtig, langlebige Materialien zu verwenden, die den Anforderungen eines Outdoor-Bereichs standhalten, gleichzeitig aber stilgerecht und einladend wirken. Diese Stoffe werten den Poolbereich auf und ergänzen die Farbpalette des Projekts.
Insgesamt haben wir eine Vielzahl von Materialien eingesetzt – von hochwertigen Textilien über Holz und Stein bis hin zu Metallelementen. Rau und glatt, matt und glänzend, kühl und warm – diese Gegensätze sorgen für Spannung und Kontraste, aber auch für eine harmonische Gesamtwirkung und machen das Design lebendig.

interiormagazin.com: Das Gästehaus fügt sich wunderbar in das Gesamtensemble ein, hat aber auch eine ganz eigene Atmosphäre – was war der Grund dafür, an diesem zweiten Standort ein verändertes Konzept zu verwirklichen?
Christine Leja: Das Gästehaus sollte von Anfang an eine Ergänzung zum Haupthaus sein, dabei aber eine eigene Identität und Atmosphäre entwickeln. Jede Räumlichkeit bietet uns immer eine Chance, uns neu zu erfinden. “Copy paste” ist keine Option. Wer will schon, dass das Gästeschlafzimmer identisch mit deinem eigenen ist?
interiormagazin.com: Was bedeutet Nachhaltigkeit im Interior Design für Sie? Wie integrieren Sie Nachhaltigkeit in Ihre Design-Projekte?
Christine Leja: Nachhaltigkeit im Interior Design bedeutet für uns, verantwortungsvoll mit der Umgebung und den Ressourcen umzugehen, eine langfristige Perspektive einzunehmen und Designs zu schaffen, die sowohl ökologisch als auch sozial verträglich sind. Nachhaltigkeit ist für uns also nicht nur eine Frage der Materialien oder Technik, sondern auch der Haltung.
In unseren Projekten integrieren wir Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen. Zum einen achten wir darauf, Materialien zu verwenden, von denen wir wissen, woher sie kommen. Zum anderen arbeiten wir mit lokalen Handwerkern und Produzenten zusammen. Dadurch minimieren wir Transportwege und unterstützen gleichzeitig die lokale Wirtschaft.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Langlebigkeit. Wir legen Wert darauf, Designs zu schaffen, die den Bewohnern über viele Jahre hinweg Freude bereiten, anstatt kurzlebigen Trends zu folgen. Wie ich schon erwähnt habe, sind Trends nicht unser Ding.
Wir möchten ein Bewusstsein dafür schaffen, dass gutes Design nicht auf Kosten der Umwelt oder der nächsten Generation entstehen muss. Es geht darum, eine Balance zu finden zwischen Ästhetik, Funktionalität und Verantwortung – auch das zeichnet unsere Projekte aus.

interiormagazin.com: Welche aktuellen Trends und Entwicklungen im Interior-Design finden Sie besonders interessant? Was vermissen Sie? Was bringt Sie dazu, immer wieder einen eigenen Weg einzuschlagen?
Christine Leja: Die zunehmende Individualisierung finde ich als Trend sehr erfreulich. Mehr und mehr Kunden suchen heute nach Designs, die ihre Persönlichkeit widerspiegeln. Das gibt uns als Designern die Freiheit, mutig und kreativ zu sein und ermöglicht es uns, einzigartige Projekte zu realisieren.
Was ich jedoch oft vermisse, ist der Mut, mit Farben zu arbeiten. Viele Designs bleiben in neutralen und sicheren Tönen. Das kann zwar elegant, aber auch oft etwas langweilig wirken. Ich bin davon überzeugt, dass Farben eine kraftvolle Möglichkeit sind, Energie und Leben in Räume zu bringen, und ermutige meine Kunden immer wieder, diesen Schritt zu wagen.

Ich bin überzeugt, dass Interior-Design mehr ist als Ästhetik. Es ist eine Form von Kunst, die Menschen inspirieren, beruhigen und auf eine emotionale Reise mitnehmen kann. Ich möchte nicht nur “schöne”, sondern auch tiefgründige und bedeutungsvolle Räume schaffen. Das bedeutet oft, ganz bewusst anders zu denken, um etwas Neues und Überraschendes zu kreieren. Am Ende geht es darum, authentisch zu bleiben – sowohl gegenüber meiner eigenen Design-Philosophie als auch gegenüber den Wünschen und Bedürfnissen meiner Kunden. Diese Authentizität ist für mich der Schlüssel zu jedem erfolgreichen Projekt.