Wohnhaus am Hang in Esslingen

Wohnhaus am Hang in Esslingen

Bildquelle: Sarah Schmid / vier I kom

In einer der reizvollsten Hanglagen der Region, mit Blick hinunter ins Neckartal und auf den Esslinger Zollberg, erhebt sich das Einfamilienhaus M56/1 in kubischer Architektursprache. Das Stuttgarter Büro Hoehne Architekten legte beim Entwurf Wert auf eine einfache Konstruktion sowie den bewussten Umgang mit den Materialien. Das sorgt sowohl für Klarheit in der äußeren Erscheinung als auch für eine ruhige, entspannte Atmosphäre im Inneren. Bemerkenswert sind die Sichtmauerwerkswände aus Kalksandstein im Wohnbereich. Sie übernehmen nicht nur die Raumbildung, sondern sie verleihen dem Innenraum auch einen kraftvollen Ausdruck.

Eingebettet in die malerische Kulisse eines Südhangs mit altem Baumbestand präsentiert sich das Wohnhaus als Teil eines Ensembles von drei Einzelhäusern. Während der Planungsphase stellte eine als Kulturdenkmal eingetragene Jugendstilvilla in unmittelbarer Nachbarschaft eine Herausforderung für das Architekturbüro dar. Dennoch ist den Planenden gelungen, die kleine Gruppe harmonisch in die vorhandene parkartige Umgebung einzufügen. Die Baukörper sind auf dem recht kleinen Grundstück gestaffelt arrangiert, sodass sie in ihrer tatsächlichen Dichte kaum wahrnehmbar sind. Ihre Gestaltung folgt einer einheitlichen Formensprache mit sanften Übergängen der Freiflächen, um den Charakter eines Landschaftsparks zu schaffen. Auf Zäune verzichteten die Bewohnerinnen und Bewohner, trotzdem bleibt ihre Privatheit durch die geschickte Anordnung der Häuser am Hang gewahrt. Gleichzeitig entsteht eine angenehme Offenheit zwischen den einzelnen Baukörpern, die das gesamte Ensemble ungezwungen und leicht zwischen den bereits bestehenden Anwesen erscheinen lässt.

Bildquelle: Sarah Schmid / vier I kom

Der Architekt Christoph Höhne beschreibt sein Vorgehen in der frühen Planungsphase eines neuen Projektes: „Wenn ich entwerfe, besuche ich zuerst das Grundstück, um die Qualitäten des Umfelds zu erleben. Das war bei diesem Bauvorhaben vor allem die beeindruckende Aussicht.“ Diese Inspiration führte zur Idee, die dreigeschossigen Häuser wie Schaukästen zu gestalten, mit großzügigen Öffnungen und einer Dachterrasse nach Süden ins malerische Neckartal. Aber auch die begrenzenden Seitenwände sind mit großen Fenstern versehen, die wie Bilderrahmen für die grüne Umgebung fungieren. Durch die gestaffelte Anordnung der Häuser entsteht so ein spannendes Spiel mit unterschiedlichen Blickbezügen, da das hintere Haus über das vordere hinwegschauen kann.

Alle drei Gebäude sind als klassische Massivbauten errichtet mit tragenden Außenwänden aus Kalksandstein und Betonfertigteilen, versehen mit einem Vollwärmeschutz und einem Außenputz. Die klare Konstruktionsweise führt zu der markanten Kubatur und einem einheitlichen Erscheinungsbild: kantig geformt, mit weiß verputzten Fassadenflächen und Panoramafenstern. Trotz dieser gemeinsamen Merkmale bleibt Raum für die persönliche Gestaltung im Innenbereich. Jedes der Häuser spiegelt dabei die Vorstellungen der jeweiligen Bauherrinnen und Bauherrn wider. So zeigt das mittlere Wohnhaus, wie eine individuelle Raumgestaltung mit der Einfachheit in der Konstruktion und Klarheit in der Baustoffauswahl zusammenkommen.

Die Hanglage wurde bei der Innenraumaufteilung berücksichtigt: Das mittlere Haus wird seitlich auf der mittleren Ebene betreten. Dort sind ein Arbeitszimmer, der Essbereich, die Küche und eine Galerie untergebracht. Durch ein zweigeschossiges Fenster gegenüber der Galerie ergibt sich ein beeindruckender Blick ins Tal. Eine zweiläufige Treppe führt von dieser Ebene aus zum oberen Geschoss, wo sich ein Schlafzimmer, ein großes Bad und ein Wohnbereich mit Zugang zur Dachterrasse befinden.

Von der mittleren Ebene aus führt eine zweite Treppe, einläufig mit Kragstufen aus Sichtbeton, hinab in das Gartengeschoss. Dieser Bereich des Hauses ist geprägt von dem großen Wohnzimmer mit zweigeschossigem Luftraum. Private Rückzugsräume schließen sich im hinteren Teil des Stockwerks an. Das Gartengeschoss geht ebenerdig in den südlich gelegenen Garten über und schiebt sich im Norden in den Hang. Christoph Höhne erläutert: „Das untere Geschoss ist das sogenannte Souterrain oder Kellergeschoss des Hauses. Der Bauherr hatte dort von Anfang an die Vision von unverputzten Kalksandsteinwänden, wie sie oft in Kellerräumen zu finden sind.“ Und tatsächlich kommt der Kalksandstein hier sowohl in seiner tragenden Funktion als Wand zum Einsatz als auch als gestalterisches Element. Die Idee war, den Kalksandstein im Innenraum sichtbar zu machen, um Farbe und Textur hervorzuheben. So bestehen die tragenden Wände auf der unteren Ebene, direkt unterhalb der Galerie, aus dünnformatigem Kalksandstein (DF), der im wilden Verband und mit heller Verfugung vermauert wurde. Ihre Wirkung entfaltet sich dabei sowohl im Wohnbereich als auch auf ihrer Rückseite zum Schlafzimmer hin.

Auf beiden Seiten wird das Sichtmauerwerk durch eine speziell konzipierte Beleuchtung inszeniert. Dazu liegt auf der Kalksandsteinwand ein Streiflicht, das durch dicht an der Wand positionierte Boden- und Deckenleuchten erzeugt wird. Dieses Lichtarrangement macht das Relief der Wand mit den schmalen Steinen erlebbar. Nach dem Mauern wurde der Natürlichkeit des Steins entsprechend keinerlei Oberflächenbehandlung vorgenommen und durch den wilden Verband entfiel eine strenge Planung des Fugenbildes. Christoph Höhne berichtet: „Der Maurer hatte sichtlich Freude an seiner Arbeit. Er sagte, dass Aufgaben wie diese eher selten seien, da meist die Wände einfach verputzt würden.“

Der Architekt Christoph Höhne und die Bauherren haben sich bewusst entschieden, die Materialien des Hauses in ihrer ursprünglichen Optik und Haptik zu präsentieren. Ob es nun Kalksandstein, Betonoberflächen, Holzfußböden oder gezunderter Stahl für den Kamin und die Handläufe sind – ihre natürlichen Farben setzen die Akzente im Raum. Diese materialorientierte Herangehensweise unterstreicht einen allgemeinen Trend unter Architektinnen und Architekten: die Hinwendung zur sogenannten Materialgerechtigkeit. Dabei geht es darum, Materialien in ihrer authentischen Beschaffenheit zu präsentieren, statt sie zu verstecken oder zu überdecken. Dies unterstreicht nicht nur die natürliche Schönheit der Materialien, sondern fördert auch einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Einfaches Bauen und Materialgerechtigkeit setzen auf Ehrlichkeit: Ehrlichkeit im Umgang mit den Materialien, in der Bautechnik und in der Darstellung des fertigen Gebäudes. Ein Sichtmauerwerk aus Kalksandstein ist also mehr als bloße Konstruktion. Es ist ein Zeichen von Planenden und Bauherren für langfristige Qualität und gestalterisches Feingefühl.

Bautafel

Bauherr: privat
Architektur/Bauplanung: Hoehne Architekten GmbH, Stuttgart
Ort: 73728 Esslingen am Neckar
Wohnfläche m²: ca. 605 m², aufgeteilt auf 3 Häuser
Nutzfläche m² (inkl. Wohnfläche): ca. 672 m², aufgeteilt auf 3 Häuser
Verwendete KS-Produkte: Vollsteine im Dünnformat als tragendes Sichtmauerwerk, D= 11,5 cm (ausgewählte Wände innen); Außenwände teilweise aus KS-Plansteinen, D= 17,5 cm, mit Vollwärmeschutz, verputzt

Alle Fotos: Sarah Schmid / vier I kom


Autorin: Alexandra Busch, freie Architektur- und Baufachjournalistin in Darmstadt

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